Kindergeldanspruch eines Gewerbetreibenden bei fiktiv unbeschränkter Steuerpflicht
Ein Gewerbetreibender ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, der monatsweise im Inland tätig ist und antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird, hat Anspruch auf Kindergeld für solche Monate, in denen er die inländische Tätigkeit ausübt. Nicht maßgeblich sind die Monate, in denen die Einnahmen aus dieser Tätigkeit tatsächlich zufließen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14. März 2018 entschieden (Az.: III R 5/17).
Antrag auf Kindergeld für den Monat der tatsächlichenTätigkeit
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall lebte der Kläger mit seiner Familie in Polen. Er war monatsweise in Deutschland selbständig im Baugewerbe tätig. Das für ihn zuständige Finanzamt veranlagte ihn als fiktiv unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 3 EStG). Er beantragte u.a. für den Monat Mai 2012 Kindergeld. In diesem Monat arbeitete er auf einer Baustelle in Deutschland. Für die von ihm im Mai 2012 durchgeführten Arbeiten stellte der Kläger im August 2012 eine Rechnung aus, die noch in demselben Monat bezahlt wurde. Die Familienkasse wollte das Kindergeld für den Monat August zahlen. Für diesen Monat stand dem Kläger allerdings schon ein Kindergeldanspruch aus anderen Gründen zu.
Monatsprinzip für Kindergeldanspruch entscheidend
Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat auch Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Insofern ist das Monatsprinzip maßgebend (§ 66 Abs. 2 EStG). In der Vergangenheit hatte der Bundesfinanzhof nur solche Fälle zu entscheiden, in denen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit vorlagen. Kindergeld ist in diesen Konstellationen für die Monate zu zahlen, in denen die Einnahmen aus der nichtselbständigen Tätigkeit tatsächlich zufließen.
Bei Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit Zeitpunkt der Ausübung der Tätigkeit maßgebend
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sei bei einer gewerblichen Tätigkeit eines nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagten Kindergeldberechtigten der Zeitpunkt der Ausübung der inländischen steuerlichen Tätigkeit für den Kindergeldanspruch entscheidend. Er begründet seine Entscheidung damit, dass bei Einkünften eines fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtigen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung der Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit die in Deutschland ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit sei. Anderenfalls wäre der Anspruch auf Kindergeld z.B. von der gewählten Einkünfteermittlung, dem Zeitpunkt der Rechnungserstellung, dem Tag des Zahlungseingangs und deshalb von weiteren Faktoren wie der Zahlungswilligkeit und –fähigkeit des Auftraggebers und damit von bloßen Zufälligkeiten abhängig.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist zu begrüßen. Durch das Abstellen auf den Zeitpunkt der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit ist eine rechtssichere zeitliche Abgrenzung des Kindergeldanspruchs möglich.
Quelle: Bundesfinanzhof, Entscheidung erhältlich unter www.bundesfinanzhof.de