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Bewertungsportal muss negative Bewertung eines Kieferorthopäden löschen

Ein Bewertungsportal muss die negative und gegenstandslose Bewertung eines Kieferorthopäden löschen. Dies hat das Landgericht Frankenthal mit Urteil vom 18. September 2018 (Az. 6 O 39/18) entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger ist als Kieferorthopäde in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Die Beklagte betreibt ein Bewertungsportal. Ein Nutzer kann sich dort allein mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort registrieren und Bewertungen einstellen. Die Angabe eines Klarnamens ist nicht erforderlich.

Vor etwa zwei Jahren wurde auf dem Portal eine anonyme Bewertung mit der Überschrift „überaus unhöflich und unprofessionell“ veröffentlicht. Daneben erschien die sich aus Einzelschulnoten, u.a. für Kinderfreundlichkeit 6,0 und Angst Patienten 5,0, errechnete Gesamtnote von 5,2. Unterhalb der Überschrift erschien folgender Freitext:

„Ich fühlte mich während der Behandlungszeit immer sehr unwohl, wenn ich einen Termin dort wahrzunehmen hatte. Ich halte Kläger für einen extrem schlechten Arzt, weil ich fand den Umgang mit mir als Patient eine Katastrophe! Meiner Meinung nach ein ganz furchtbarer Mensch.“

Mittelbare Haftung des Betreibers des Bewertungsportals

Nach Ansicht des Landgerichts Frankenthal war die Klage begründet. Die Beklagte haftet als sogenannte mittelbare Störerin nach §§ 823 Abs. 1, 1004 analog in Verbindung mit Art. 1, Art. 2, Art. 12 Grundgesetz.

Grundsätzlichen seien Äußerungen zu unterlassen, die nicht von Art. 5 Grundgesetz gedeckt sind, u.a. unwahre Tatsachenbehauptungen, unzulässige Schmähkritik oder Werturteile ohne Tatsachenkern. Vorliegend handele es sich nach Ansicht des Gerichts bei den auf dem Portal der Beklagten veröffentlichten Äußerungen zwar um Meinungen und Bewertungen und keine Tatsachenbehauptungen. Diese seien vorliegend aber trotzdem zu unterlassen, weil kein belastbarer Tatsachenkern nachgewiesen worden sei.

Arzt-Patienten-Kontakt als Tatsache

Bei der Bewertung einer ärztlichen Leistung bestünde der Tatsachenkern darin, dass überhaupt ein Arzt-Patienten-Kontakt im Sinne einer Behandlung stattgefunden habe. In dem vorliegenden Fall sei gerade streitig gewesen, ob überhaupt ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden habe.

Sekundäre Darlegungslast des Betreibers

Grundsätzlich müsse der Kläger beweisen, dass kein Behandlungskontakt zwischen ihm und der die Bewertung veröffentlichenden Person vorgelegen habe. Der Beweis sog. negativer Tatsachen sei allerdings stets mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Deshalb müsse die Beklagte im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungslast Tatsachen vorlegen, die der Kläger sodann wieder entkräften könne.

Handlungspflicht des Betreibers nach entsprechendem Hinweis

Das Landgericht hat festgestellt, dass den Betreiber eines Bewertungsportals keine vorsorgliche Pflicht träfe, Beiträge schon vorab auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Ein Hostprovider würde vielmehr erst dann verantwortlich, wenn ein Betroffener ihn auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hinweise. Dies habe der Kläger im vorliegenden Fall getan.

Sodann treffe den Betreiber die Pflicht, das sogenannte Prüfverfahren durchzuführen. Er habe dabei den Bewertenden aufzufordern, den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und entsprechende Indizien (z.B. Terminkarten, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte) zu übermitteln. Diese habe er sodann – ggf. geschwärzt –weiterzuleiten.

Vorliegend hat die Beklagte den Bewertenden angeschrieben, woraufhin dieser Folgendes geantwortet hat:

“ … Im Einwand von Herrn Kläger werde ich dazu aufgefordert, Anknüpfungstatsachen zu nennen. Dies habe ich bewusst nicht gemacht, da Tatsachen im Zweifel für einen Patient nicht beweisbar sind. Sehr wohl darf ich jedoch meine Meinung äußern … Alles was ich hier erlebt habe, möchte ich nicht im Detail schildern, es war eine Katastrophe…. Beweisdokumente sind beigefügt.“

Die Beklagte hat die geschwärzte Abschlussbezeichnung an den Kläger übersandt, damit aber nach Ansicht des Gerichts nicht ihrer sekundären Darlegungslast Genüge getan. Immerhin habe der Bewertende weder in der angegriffenen Bewertung noch in seiner Stellungnahme irgendeine Tatsache geschildert, die einen Anknüpfungspunkt für einen tatsächlichen Arzt-Patienten-Kontakt enthalte. Darüber hinaus wäre im Hinblick auf die Bewertung der Kinderfreundlichkeit des Klägers eine belastbare Tatsachenbehauptung zu erwarten gewesen, dass der Bewertende erklärt, dass überhaupt ein Kind behandelt wurde. Entsprechendes gelte für die Kategorie Angst-Patient. Hier fehle es bereits an einem Vortrag, wonach es sich bei dem Bewertenden um einen Angst-Patienten handelt.

Quelle: Landgericht Frankenthal, Entscheidung abrufbar unter www.juris.de

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