Ausländische Buchführungspflichten auch in deutschem Besteuerungsverfahren maßgeblich
Auch eine nach ausländischem Recht bestehende Buchführungspflicht führt zu einer entsprechenden Buchführungspflicht im inländischen Besteuerungsverfahren. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 14. November 2018 (Az. I R 81/16) entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts. Sie hat im Inland weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter und ist deshalb nur mit ihren aus der Vermietung eines im Inland belegenen Grundstücks erzielten Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 2 Nr. 1 KStG). Zudem unterliegt sie nach liechtensteinischem Recht in Liechtenstein der Buchführungspflicht. Die Klägerin hatte für das Jahr 2010 aus der Vermietung des Grundstücks einen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG 2009 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG als gewerbliche Einkünfte zu erfassenden Gewinn in Höhe von ca. 133.000 Euro erzielt. Daraufhin erließ das Finanzamt eine Mitteilung nach § 141 Abs. 2 S. 1 AO über den Beginn der Buchführungspflicht für den Gewerbebetrieb „Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz“.
Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Finanzgerichts richtet sich die Revision der Klägerin.
Kurzfristige Vermietung vor Veräußerung unschädlich
Nach § 141 Abs. 1 S. 1 AO sind gewerbliche Unternehmer, für die sich die Buchführungspflicht nicht aus § 140 AO ergibt, u.a. dann verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sie nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 50.000 Euro im Wirtschaftsjahr gehabt haben. Diese Verpflichtung ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs war die Klägerin bereits nah § 140 i.V.m. ihrer Buchführungspflicht aus liechtensteinischem Recht auch im Inland zur Buchführung verpflichtet, so dass für die Begründung einer Buchführungspflicht nach § 141 AO kein Raum bestand.
Nach § 140 AO hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung im Inland zu erfüllen. Andere Gesetze im Sine der Vorschrift sind jedenfalls solche des deutschen Rechts. Ob sich eine materiell-rechtliche Buchführungspflicht isoliert nach Maßgabe von § 140 AO i.V.m. ausländischem Recht ergeben kann, ist umstritten.
Der Bundesfinanzhof schließt sich der Auffassung an, wonach die Regelung des § 140 AO nicht nur auf inländische, sondern auch auf ausländische Buchführungspflichten verweist. Denn die in § 140 AO verwendete Formulierung „andere Gesetze“ beschränke sich nicht nur auf inländische Rechtsnormen. Der Wortlaut der Vorschrift sei vielmehr offen und erlaube auch eine Erstreckung auf ausländische Rechtsnormen.
Dies ergebe sich auch aus dem Zweck des § 140 AO. Danach sollten möglichst viele außersteuerliche Pflichten für das deutsche Steuerrecht nutzbar gemacht und dadurch der Steuergesetzgeber entlastet werden. Zwar sei zu berücksichtigen, dass ausländische Rechtsvorschriften nicht der Kontrolle durch den deutschen Gesetzgeber unterliegen. Den daraus resultierenden rechtsstaatlichen Bedenken könne aber dadurch begegnet werden, dass eine Rechtsnorm eines anderen Staates dann nicht anzuwenden sei, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts – insbesondere mit den Grundrechten – nicht vereinbar sei.
Fazit
Der Bundesfinanzhof hatte die Frage, ob ausländische Buchführungspflichten auch im deutschen Steuerrecht maßgeblich sind, bislang offen gelassen. Er hat sich nunmehr gegen die überwiegende Ansicht in der Literatur gestellt, die sich dagegen ausgesprochen hatte, dass ausländische Rechtsnormen über § 140 eine steuerliche Pflicht zur Buchführung bzw. zur Fertigung von Aufzeichnungen begründen können. Für den Steuerpflichtigen besteht insofern ein Vorteil, als er die nach ausländischem Recht ohnehin anzufertigenden Buchführungsunterlagen auch für Steuerzwecke verwenden kann.
Quelle: Bundesfinanzhof, www.bundesfinanzhof.de, Entscheidung erhältlich unter www.bundesfinanzhof.de