Konzeptbewerbung eines Medizinischen Versorgungszentrums derzeit noch nicht berücksichtigungsfähig
Bewerbungen eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) um einen Vertragsarztsitz nur mit einem Versorgungskonzept ohne Benennung eines für dessen Umsetzung geeigneten Arztes können bei der Auswahlentscheidung noch nicht berücksichtigt werden. Das hat der 6. Senat des Bundessozialgerichts am 15. Mai 2019 entschieden (Az. B 6 KA 5/18 R).
Konzeptbewerbung eines MVZ
Zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung können entweder einzelne selbstständig tätige Ärzte oder MVZ zugelassen werden. Sowohl Ärzte als auch MVZ haben zudem die Möglichkeit, angestellte Ärzte zu beschäftigen. Die dazu erforderlichen Zulassungen oder Anstellungsgenehmigungen können in überversorgten Bereichen aber grundsätzlich nur erteilt werden, wenn entweder bereits vorhandene Arztsitze nachzubesetzen sind (Praxisnachfolge) oder falls sich die Überversorgung so weit vermindert hat, dass Neuzulassungen wieder möglich werden (partielle Entsperrung). Für Nachbesetzungen ist in dem im Juli 2015 in Kraft getretenen § 103 Absatz 4 Satz 10 SGB V erstmals bestimmt, dass anstelle der überwiegend auf persönliche Eigenschaften abstellenden Auswahlkriterien auch berücksichtigt werden kann, wenn sich ein MVZ mit der Ergänzung seines besonderen Versorgungsangebots bewirbt (Konzeptbewerbung).
Ausgehend von der Gesetzesbegründung ist hierunter zu verstehen, dass sich ein MVZ, auch ohne einen bestimmten Arzt benennen zu müssen, um einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz bewerben kann. Ausreichend ist vielmehr, dass das MVZ darlegen kann, die ausgeschriebene Praxis beziehungsweise das jeweilige Fachgebiet ergänze ein besonderes Versorgungsangebot des MVZ. So kann sich ein MVZ beispielsweise allein mit der Erklärung, es beabsichtige ein orthopädisches Zentrum einzurichten, um einen ausgeschriebenen orthopädischen Sitz bewerben, ohne zum Zeitpunkt der Bewerbung über einen entsprechend geeigneten Facharzt zu verfügen, der diese Arztstelle in dem MVZ fortführen könnte, ja sogar ohne sich bislang überhaupt um einen solchen Facharzt bemüht zu haben. In einer solchen Konstellation liegt es dann – so die gesetzliche Regelung – im Ermessen des Zulassungsausschusses, ob anstelle der sonst bei einer Praxisausschreibung maßgeblichen Auswahlkriterien, wie zum Beispiel die berufliche Eignung, das Approbationsalter oder die Dauer der ärztlichen Tätigkeit, allein die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des MVZ zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
In einem mittelfränkischen Landkreis konnte im Herbst 2015 ein zusätzlicher halber Orthopädensitz besetzt werden. Bewerber waren neben Ärzten, die eine Genehmigung zur Anstellung eines konkret bezeichneten Arztes begehrten, auch der Kläger mit einem Versorgungskonzept für das von ihm in diesem Landkreis betriebene MVZ. Die Zulassungsgremien lehnten ebenso wie Sozialgericht und Landessozialgericht die Berücksichtigung dieser Bewerbung ab und erteilten einem konkurrierenden Arzt die Anstellungsgenehmigung.
Entscheidung des Bundessozialgerichts
Das Bundessozialgericht hat die Entscheidungen der vorinstanzlichen Gerichte bestätigt und entschieden, dass die Konzeptbewerbung eines MVZ nicht zu berücksichtigen sei.
Mit der im Jahr 2015 eingefügten Vorschrift zu Konzeptbewerbungen wolle der Gesetzgeber den MVZ ermöglichen, sich um einen Vertragsarztsitz zu bewerben, ohne dafür schon einen bestimmten Arzt angestellt zu haben. Sie ist nicht nur für Nachbesetzungsverfahren nach dem Ausscheiden von Vertragsärzten, sondern entsprechend auch für Zulassungsverfahren nach partieller Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen anwendbar.
Allerdings würde ein MVZ mit dem Zuschlag für ein bloßes Versorgungskonzept eine „arztlose Anstellungsgenehmigung“ erhalten. Eine solche Berechtigung sei bisher weder im Gesetz noch in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte vorgesehen. Die hierzu erforderlichen näheren Bestimmungen, die auch den unterlegenen Mitbewerbern die Geltendmachung ihrer Rechte im weiteren Verfahren ermöglichen und zudem regeln müssen, was gilt, wenn das Versorgungskonzept nicht oder nicht mehr umgesetzt wird, können die Gerichte nicht selbst treffen. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers beziehungsweise des Verordnungsgebers der Zulassungsverordnung, solche Regeln zu schaffen. Solange sie nicht existieren, können Konzeptbewerbungen ohne Benennung eines Arztes in einem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt werden
Quelle: Bundessozialgericht, www.bsg.bund.de, Entscheidung erhältlich unter www.bsg.bund.de